Aktuelles

Gebündelte Kompetenzen – starke Marken

Quellenangabe: Deutscher Fachverlag GmbH / C2 Coating & Converting

Bei der Olbrich Group in Bocholt hat sich seit der Integration von Polytype Converting viel verändert. Neu aufgestellt und mit einem noch umfassenderen Angebot an die Kunden, sieht sich der Anlagenhersteller gut gerüstet für die Zukunft. C2 im Exklusivinterview mit CEO Bastian Kuhl, CTO Rolf Langkamp und CSO Esa-Matti Aalto

>>PDF DOWNLOAD<<

C2: Der Start ins Jahr 2021 bringt immer noch viele Unwägbarkeiten für die Unternehmen in unserer Branche mit sich. Welche Lehren hat man aus den vergangenen 12 Monaten gezogen und wie fällt Ihre Bilanz für 2020 insgesamt aus?

Bastian Kuhl: Natürlich hat die Covid-Pandemie uns getroffen – wie auch alle anderen. An erster Stelle stand und steht dabei natürlich die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch unserer Kunden, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Durch eine sehr schnelle, unbürokratische und pragmatische Herangehensweise haben wir die Coronafälle in unserem Unternehmen mit knapp 900 Mitarbeitern bisher im einstelligen Bereich halten können.
Gerade unter diesen widrigen Umständen war ich – als relativ neuer Player in diesem Unternehmen – absolut begeistert von der Leidenschaft und Leistungsbereitschaft unser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit den Prinzipien „Sicherheit, Qualität und Liefertreue“ an erster Stelle standen sie in dieser Krisenzeit eng an der Seite unserer Kunden.

Rolf Langkamp: „Safety First!“ schloss bei uns aber auch die weitere Etablierung des Homeoffice mit ein. Wir haben virtuelle Arbeitsplätze eingerichtet, an denen selbst die komplexesten 3D-CAD-Applikationen möglich sind. Wir haben es trotz der Umstände und des Reiseverbots geschafft, unsere Kunden weiterhin weltweit zu bedienen. Auch die Inbetriebnahmen wurden „remote“ durchgeführt. Unsere Servicestrategie, die auf einer weltweiten lokalen Präsenz basiert, hat sich hier so richtig ausgezahlt.

Esa-Matti Aalto: Ich möchte noch hinzufügen, dass wir in den vergangenen Jahren bereits sehr gut gelernt haben, remote zu arbeiten – auch bedingt durch unsere unterschiedlichen Standorte in Fribourg, Hamburg und Bocholt. Diese Entwicklung wurde durch die Pandemie noch beschleunigt. Wir haben gesehen, dass dies gut funktioniert und von den Kunden auch entsprechend angenommen wird.

C2: „One Converting – alle Segmente unter einem Dach“ – unter diesem Motto präsentiert sich die Olbrich Group nach ihrer Neuaufstellung. Welche strategischen Überlegungen stehen hinter dieser Positionierung?

E.-M. Aalto: Für unsere Kunden bleiben wir in den etablierten Märkten mit den beiden gewohnten Marken präsent. Allerdings werden wir das gesamte Segmentportfolio mit unseren Best-in-Class-Sondermaschinen und Anlagen über beide Marken hinweg auch weiterhin anbieten. Die Markenpräsenz bleibt also erhalten, aber unsere Kunden sollen das Beste aus beiden Welten erhalten können. Dafür steht „One Converting“: eine starke Markenpräsenz in unseren jeweiligen angestammten Märkten, aber in Verbindung mit noch besseren Service-Dienstleistungen.

B. Kuhl: Zum Beispiel hat ein Polytype-Kunde bis vor zwei Jahren eben einen Polytype-Wickler und eine Polytype-Beschichtungsanlage bekommen. Obwohl wir damals schon sehr eng zusammengearbeitet hatten, wurde dabei vielleicht noch nicht auf das Produktportfolio von Olbrich zugegriffen. Genau das haben wir jetzt systematisiert und sorgen somit dafür, dass über beide Marken hinweg auf das gesamte Produktportfolio zugegriffen werden kann!
Darüber hinaus bedeutet „One Converting“ für unsere Kunden, dass die bestehenden Marken definitiv präsent bleiben. Wir reden hier von starken Marken, die über Jahrzehnte gewachsen sind. Nach innen wollen wir aber natürlich unsere Kompetenzen bündeln. Schon jetzt trägt diese Strategie Früchte, da wir über Standorte hinweg bereits an gemeinsamen Projekten arbeiten, die sonst so nie möglich gewesen wären.

C2: „New Energy“ und „Packaging“ sind neue Fokusmärkte bei Olbrich. Welches Angebot machen Sie Ihren Kunden hier?

R. Langkamp: Im Rahmen der strategischen Ausrichtung unserer „One Converting“-Geschäfte haben wir einige Fokusmärkte identifiziert, die aufgrund der bereits existierenden oder sich abzeichnenden Dynamik in den nächsten fünf Jahren von besonderer strategischer Relevanz für unsere Gruppe sein werden. Dazu zählen wir auch die Segmente „New Energy“ und „Packaging“. Wichtig zu sagen ist aber auch, dass wir unsere Maschinen und Serviceleistungen in den anderen Geschäftsbereichen weiterhin wie gehabt anbieten werden.

B. Kuhl: „New Energy“ umfasst für uns etwa die Batterieproduktion, also Lithium-Ionen-Zellen und Fuel Cells. Während es bei den Li-Ion-Zellen schon seit ungefähr 10 Jahren etablierte Produktionstechniken gibt, steht die Industrialisierung bei den Fuel Cells eigentlich noch bevor. Hier sind wir noch sehr stark mit Forschungseinrichtungen verbunden und verfolgen einige Projekte in einem frühen Entwicklungsstadium.
Was im Batteriesegment noch sehr spannend ist: In den letzten 10 Jahren war der Markt zu 80-90 % in Asien beheimatet – hier findet man auch die etablierten Player. Doch jetzt erleben wir eine zunehmende geografische Diversifizierung in diesem Markt – sowohl im Hinblick auf die Produktionskapazitäten, als auch im Hinblick auf die Produktionstechnologien. Die technischen Innovationszyklen sind so rasant, was Ladekapazität und -geschwindigkeit angeht, dass wir mit unseren Funktionsbeschichtungstechnologien und -erfahrungen hier wirklich ganz vorne mit dabei sind.

E.-M. Aalto: Uns kommt aktuell wirklich zugute, dass wir so breit aufgestellt sind. Die Erfahrungen aus völlig fremden Branchen helfen uns technologisch in den momentan äußerst gefragten Sektoren – wie dem Batteriesegment – extrem weiter. Man kennt uns als Sondermaschinenbauer – und Sonderlösungen sind genau jetzt besonders gefragt!
Natürlich steht auch das Segment Packaging weiter ganz klar im Fokus bei uns. Gerade was Nachhaltigkeit angeht, sind wir am Puls der Zeit. So entwickeln wir z.B. gemeinsam mit Kunden die „grüne Verpackung“ auf Basis von Papierfaserstoffen. Dies führte bereits dazu, das wir erste Großprojekte für uns gewinnen konnten.

B. Kuhl: Wenn man mit wachen Augen konsumiert, stellt man fest, dass einige Anbieter von Snacks und Schokoriegeln damit angefangen haben, mit einer papierbasierten Verpackung zu werben! Die umweltfreundliche/nachhaltige Verpackung wird hier stärker beworben als der Inhalt selbst . . . Umso wichtiger ist es für uns, dass wir bei diesem Trend an der Speerspitze der technologischen Entwicklung bleiben.  

C2: Wie funktioniert künftig das Zusammenwirken der einzelnen Marken der Olbrich Group?

E.-M. Aalto: Wir werden auf jeden Fall die einzelnen Brands weiter wie bisher in den angestammten Marktsegmenten laufen lassen. Als wir 2017 den Merger durchgeführt haben, wurde bereits gemeinsam mit Polytype Converting eine Branchenfokussierung etabliert. Diese hat sich ausgezahlt!

C2: Wie sieht die Arbeitsteilung in der Geschäftsleitung ab sofort aus?

B. Kuhl: Als CTO verantwortet Rolf Langkamp die Technik und die Supply Chain. Das bedeutet: sämtliche Konstruktionselemente, aber auch Logistik, Produktion und Einkauf. Esa-Matti Aalto ist als CSO für den Gesamtvertrieb und den Service verantwortlich. Als CEO verantworte ich das Projektmanagement, Finanzen und Verwaltung.

C2: Welche aktuellen technischen Highlights aus der Olbrich Group möchten Sie unseren Lesern näher bringen?

R. Langkamp: Zunächst möchte ich unsere neue Digitaldruck-Technologie für dekorative Warenbahnen erwähnen. Hier haben wir eine sehr spannende Technologie gemeinsam mit der Firma RICOH entwickelt. Außerdem arbeiten wir an der nächsten Generation von Hochleistungstrockner, die mit höchster Energieeffizienz arbeiten. Trockner sind häufig Nadelöhrsysteme, wenn es darum geht, noch höhere Geschwindigkeiten zu ermöglichen – und das bei einem noch geringeren Energieeinsatz. Das ist unser Ansporn, unseren Kunden in diesem Bereich noch mehr Added Values zu bringen.
Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass die Kunden mit ihren Produktideen direkt zu uns kommen können. Mit unserer großen Bandbreite an Versuchsanlagen können wir diese direkt für den Kunden entwickeln und Muster herstellen. Der Kunde nimmt bei uns ein Produkt mit und kann es anschließend beurteilen und qualifizieren. Gemeinsam erarbeiten wir so das beste Konzept, um dieses Produkt dann industriell herzustellen.  

C2: Einen weiteren Schwerpunkt Ihrer Neuausrichtung legen Sie auf den Bereich Service . . .

E.M. Aalto: Grundsätzlich sind wir weiterhin im Auf- und Ausbau unserer weltweiten Service-Standorte – insbesondere in China und den USA. Das zahlt sich – wie schon eingangs gesagt – gerade in der Pandemie aus. Mit dem weiteren Ausbau dieser Standorte wollen wir noch näher am Kunden sein. Wir sind außerdem dabei, unsere Predictive Maintenance-Lösungen weiter auszubauen, damit wir den Kunden vorausschauend zur Seite stehen können.
Remote Service-Applikationen sind heutzutage extrem wichtig: In China haben wir eine komplette Inbetriebnahme remote durchgeführt – auch unter Zuhilfenahme unserer lokalen Partner. So etwas wäre vor der Pandemie undenkbar gewesen! Indem wir nicht ständig unsere Spezialisten an einen bestimmten Ort schicken müssen, können wir an viel mehr Orten gleichzeitig sein und gewisse Vorgänge skalieren. Wir haben aus der Krise viel gelernt – und der Service partizipiert an diesen Erkenntnissen besonders stark.

R. Langkamp: Wir arbeiten auch an Lösungen, um unsere Kunden auf dem Weg zur Digitalisierung zu unterstützen. Ich verweise hier auf das Thema KI: Wir arbeiten intensiv an Neuentwicklungen im Bereich des Machine Learning. Diese Pakete sind auch Teil unseres Serviceangebots.

B. Kuhl: KI ist ein strategischer Fokus, der auch direkt bei uns auf dem Schreibtisch liegt. Allerdings ist mit einer kompletten, sich selbst optimierenden und einstellenden Maschine von unserer Seite allein wohl nicht zu rechnen. Die strategische Relevanz der KI liegt für uns in der produktionstechnologischen und verfahrenstechnischen Kompetenz. Der Kunde bringt wiederum die produkttechnische und chemische Kompetenz mit an den Tisch. Dazu kommen weitere Anbieter, die sich mit Data Management, KI-Programmierung, Algorithmen, usw. auskennen. Wir müssen also eine Plattform definieren, die all diese Instanzen zu einem konstruktiven Dialog einlädt!
Ein Beispiel wäre eine cloud-native Datenplattform, um eine Grundlage zu schaffen, damit die diversen Daten, die von unterschiedlichen Stakeholdern kommen, miteinander kommunizieren und in Einklang gebracht werden können.

C2: Das neue Jahr hat begonnen: Was sind Ihre Erwartungen für 2021?

B. Kuhl: Es ist irgendwie faszinierend, wie sehr wir in der Pandemie in einer „neuen Normalität“ leben. Einmal mehr hat der Mensch bewiesen, wie anpassungsfähig er ist. Wir können trotz der teils schrecklichen Nachrichten relativ normal weiterarbeiten. Als Unternehmensgruppe sehe ich uns an einem Punkt, wo wir bereits an vielen Stellschrauben gedreht haben, um den nächsten Schritt beim Kundennutzen gehen zu können.

E.-M. Aalto: Pandemiegetrieben sehen wir schon starke Verschiebungen in das erste und zweite Quartal des neuen Jahres. Das stimmt uns sehr optimistisch, gerade angesichts der jetzt vorhandenen Impfstoffe. Einige Kunden sind noch etwas abwartend – und auch deshalb sehen wir eigentlich einer Auftragsflut entgegen.
Was ich für die nächsten Jahre auch erwarte: wir werden viel mehr qualitativ hochwertige Meetings abhalten. Die Denkweise, man müsse jeden Tag um die Welt reisen, wird nicht mehr so ausgeprägt sein. Wie wir gerade in diesem Video-Interview sehen, funktioniert das sehr gut – es ist aber auch schön, zusammen an einem Tisch zu sitzen. Wenn wir das tun, sollten wir vorher alles andere abgeklärt haben und dann richtig gute und hocheffiziente persönliche Meetings abhalten. Wir werden weniger reisen, dafür aber fokussierter.

R. Langkamp: Was mich sehr positiv für das Jahr 2021 stimmt: wir hatten trotz der Corona-Pandemie nicht ein einziges Mal die Situation, dass das Projekt eines unserer Kunden gefährdet war. Wir lernen, das Beste aus der Lage zu machen.

Some Image